Staatsanwalt nicht zur Ausübung befugt

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Staatsanwalt, der Richtereid statt des Beamteneides leistet, ist nicht zur Ausübung der Tätigkeit befugt

Rechtsfrage

Ist ein Staatsanwalt, der den Richtereid gemäß § 38 DRiG statt des Beamteneides gemäß § 38 BeamtStG leistet, zur Ausübung der Tätigkeit eines Staatsanwaltes befugt?

Tenor

Ein Staatsanwalt, der den Richtereid gemäß § 38 DRiG statt des Beamteneides gemäß § 38 BeamtStG leistet, ist nicht zur Ausübung der Tätigkeit eines Staatsanwaltes befugt, weil er zur wirksamen Ausübung seiner hoheitlichen Tätigkeiten als Beamter auf die Wahrung des Grundgesetzes vereidigt sein muss und ohne diesen Diensteid seine Ernennung unwirksam ist.

Expertise (Auszug)

Rechtsprechung

Die Rechtsprechung ist gemäß Art. 92 GG den Richtern anvertraut. Richter i.S.d. Art. 92 GG sind gemäß Art. 97 GG auf Lebenszeit ernannte Berufsrichter und persönlich und damit sachlich unabhängig von Weisungen eines Dienstherren und nur dem Gesetz unterworfen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein »Grundrecht« für Richter, sondern um ein Grundrecht des Bürgers auf einen tatsächlich persönlich und sachlich unabhängigen Richter, welcher schwört: »Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, (…)«.

Richter

Dementsprechend leisten Richter auf Lebenszeit gemäß Art. 97 Abs. 1 Halbsatz 2 GG i.V.m. § 38 DRiG einen Richtereid, der sie u.a. allgemein zum Dienst an der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet, und damit kein Dienst- und Treueverhältnis i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG gegenüber einem (speziellen) Dienstherren i.S.d. § 2 BBG oder § 2 BeamtStG begründet, und durch den der Richter seine durch Art. 97 Abs. 1 Halbsatz 2 GG begründete ausschließliche Unterwerfung unter das Gesetz persönlich anerkennt.

Staatsanwalt

Der Staatsanwalt ist dagegen ein weisungsgebundener Beamter eines (speziellen) Dienstherren. Beamte des Bundes oder der Länder haben gemäß Art. 33 Abs. 4 GG i.V.m. § 64 BBG bzw. § 38 BeamtStG einen Diensteid in Verbindung mit den entsprechenden Beamtengesetzen des Bundes oder der Länder zu leisten. Durch diesen freiwilligen Diensteid verzichten Beamte im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Befugnisse auf die Ausübung ihrer Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat und treten selbst in den grundrechtsverpflichteten Status ihres Dienstherren ein.

Diensteid

Der Diensteid verpflichtet den Beamten auf das ihm anvertraute Amt und damit auf den jeweiligen Dienstherren über das Amt und muss bei Landesbeamten gemäß § 38 BeamtStG eine besondere Verpflichtung auf das Grundgesetz enthalten. Bei Bundesbeamten enthält die Eidesformel gemäß § 64 BBG diese Verpflichtung. Der Diensteid gilt ausschließlich gegenüber dem Dienstherren und begründet somit ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis des Beamten zu einem Dienstherren i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG.

Richtereid auf Staatsanwalt nicht anwendbar

Der gemäß § 38 DRiG von auf Lebenszeit ernannten Berufsrichtern (§ 1 DRiG) zu schwörende Richtereid ist dementsprechend auf den Staatsanwalt nicht anwendbar. Dieser hat einen Diensteid für Beamte gemäß § 64 BBG oder gemäß § 38 BeamtStG zu leisten. Ein Staatsanwalt, welcher keinen ein Dienst- und Treueverhältnis i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG begründenden Diensteid gegenüber einem Dienstherren ablegt, kann demzufolge aufgrund seiner nicht durch einen Diensteid aufgehobenen persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit gegenüber einem Dienstherren von diesem nicht zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse herangezogen werden.

Als Beamter darf er dementsprechend gemäß Art. 92 GG keine rechtsprechende Gewalt ausüben. Dahingehende anders lautende Ermächtigungen durch einfache Gesetze sind unvereinbar mit dem Grundgesetz. Art. 92 GG ist als ranghöchste Rechtsnorm insoweit lex specialis gegenüber ihm entgegenstehenden einfachgesetzlichen Vorschriften.

Auch die Legaldefinition des Richters gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 StGB erklärt unmissverständlich, welcher Amtsträger Richter ist: »Im Sinne dieses Gesetzes ist (…) Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; (…)«, während gemäß § 38 DRiG ausschließlich diese Amtsträger den Richtereid leisten müssen/dürfen. Beides trifft auf Staatsanwälte nicht zu, sie sind also keine Richter und dürfen aus diesem Grunde nicht den ausschließlich amtsbezogenen Richtereid leisten. Staatsanwälte sind gemäß der Legaldefinition § 11 Abs. 1 Nr. 2 a) StGB zwar (ebenso wie die Richter) auch Amtsträger, aber als solche Beamte und damit der Exekutive als vollziehende Gewalt im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG zugehörig und nicht der rechtsprechenden Gewalt im Sinne des Art. 92 GG i.V.m. Art. 97 GG. Auch hier definiert die Verwendung des logischen Junktors »oder« einen eindeutige ausschließende Unterscheidung zwischen den Amtsträgern »Beamter oder Richter« (hier den Staatsanwälten als Beamte).

Eine unzutreffende Eidesleistung des Staatsanwaltes hat zur Folge, dass er das ihm übertragene Amt als Staatsanwalt nicht ausüben darf, weil er nicht geschworen hat, das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und seine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen.

Die unzutreffende Eidesleistung des Staatsanwaltes hat zur weiteren Folge, dass die von ihm unter diesen beamtenrechtlich fehlerhaften Voraussetzungen getroffenen Entscheidungen nichtig sind, sie also nicht existieren (oder nur zum Schein) und keinerlei Rechtswirkungen erzeugen.

Da nach vorliegenden Erkenntnissen Staatsanwälte anlässlich der Übernahme in den Dienst der Staatsanwaltschaft keinen weiteren Eid leisten als den Richtereid, den sie bei dem Eintritt als Richter auf Probe zu leisten haben, steht fest, dass die gesamte Tätigkeit bei den Staatsanwaltschaften einschließlich der Bundesanwaltschaft mit diesem Mangel behaftet ist.

Rechtliche Hinweise

Erscheinungsdatum: 09.01.2015, Stand: 07.07.2015, Herausgeber: Grundrechtepartei

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